MIAG-Gelände – ein ehemaliger bedeutender Standort der deutschen Automobilindustrie
Im Jahre 1917 beginnt die Geschichte des Geländes mit der Ansiedlung der Munitionsfabrik Walbinger. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem Niedergang der deutschen Rüstungsindustrie, erwarb 1922 die Falcon-Werke AG das Gelände mit Gebäuden. Damit begannen 30 Jahre Automobilproduktion auf dem Gelände und Ober-Ramstadt spielte insbesondere in den zwanziger und dreißiger Jahren eine bedeutende Rolle im deutschen Automobilbau. Die Falcon-Werke AG fertigte auf dem Gelände verschiedene Modelle, die als besonders zuverlässig galten und zahlreiche Preise auf Automobilwettbewerben gewannen. Die Folge der Inflation und die wachsende ausländische Konkurrenz, die zunehmend eine industrielle Massenproduktion einführte, brachten die Falcon-Werke AG jedoch in finanzielle Schwierigkeiten, was zu einer Produktionseinstellung im Jahre 1926 führte. Im gleichen Jahr gründete der Automobilkonstrukteur Hans Gustav Röhr die Röhr Auto AG und übernahm die Werksanlagen. In Ober-Ramstadt wurden von 1926 bis 1930 die legendären Röhr-Automobile produziert.
Durch zahlreiche revolutionäre technische Innovationen wurden sie zu den Wegbereitern der modernen Automobilgeschichte. Bis zu 800 Personen arbeiteten in dieser Zeit auf dem Gelände. Jedoch, wie so vielen jungen Industrieunternehmen in Deutschland wurde die Weltwirtschaftskrise 1930 der Röhr Auto AG zum Verhängnis und sie musste Konkurs anmelden.
1931 wurde mit neuen Geldgebern die neue Röhr-Werke AG gegründet und die Produktion wieder aufgenommen. Bis 1935 wurden in Ober-Ramstadt ca. 4.000 Fahrzeuge produziert. In diesem Jahr beendeten die politischen Entwicklungen jedoch wiederum die Automobilproduktion in Ober-Ramstadt. Die Nationalsozialisten ließen das von jüdischen Geldgebern finanzierte Automobilwerk schließen. Es wurden anschließend nur noch Wartungsarbeiten und die Verwertung von vorhandenen Teilen durchgeführt. Weitere Informationen zur örtlichen Industriegeschichte und der Automobilfabrik Röhr finden Sie im Museum Ober-Ramstadt. Der Verein für Heimatgeschichte e.V. Ober-Ramstadt bietet hierzu eine Dauerausstellung im Museum im alten Rathaus an (siehe auch Buch: Röhr – Ein Kapitel deutscher Automobilgeschichte, Werner Schollenberger, ISBN 3-928746-04-9).
Ab 1937 übernahm die Firma MIAG Mühlenbau und Industrie Aktiengesellschaft aus Braunschweig das Anwesen und fertigte Kräne, Gabelstapler und Transportwagen. Nach dem zweiten Weltkrieg beschlagnahmten die US-Amerikaner das Gelände. Die Firma MIAG nutzte weiter einen Teil des Geländes bis 1953. Bis 1993 wurden zuletzt von der Mainz Industrie Panzerwerk (MIP) Reifen und Panzerketten für die NATO runderneuert. Mit der neuen strategischen Ausrichtung der NATO-Streitkräfte nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde das Werk 1993 geschlossen.
Seitdem lag das Gelände mit den zahlreichen Gebäuden und Infrastruktureinrichtungen brach.
Im Jahr 2005 wurde die Stadtentwicklungsgesellschaft Ober-Ramstadt mbH (SEG) gegründet, um das zwischenzeitlich mitten im Siedlungsgebiet der Stadt Ober-Ramstadt liegende Gelände einer neuen Nutzung zuzuführen.